Soll die Schweiz langfristig über eine sicherheitspolitisch strategische Reserve verfügen, kommen National- und Ständerat in der kommenden Wintersession nicht darum herum, die Anträge der Finanzkommission des Ständerats zum Armeebudget 2025 sowie die Armeebotschaft 24 mit einem höheren Zahlungsrahmen für die Jahre 2025-2028 anzunehmen.
Weichenstellung in Armeebotschaft und Armeebudget
In der Herbstsession hat das Parlament mit einem soliden bürgerlichen Schulterschluss seine Verantwortung wahrgenommen und in der Armeebotschaft 24 den Zahlungsrahmen bis 2028 um 4 Milliarden auf 29,8 Milliarden erhöht. In der Praxis bedeutet dieser Zahlungsrahmen eine verbindliche Planungsvorgabe für den Bundesrat, ohne jedoch der Armee finanzielle Mittel freizugeben. Für die jährlichen Zahlungen sind Zahlungskredite im jährlichen Armeebudget notwendig: Nur dann fliesst das Geld, um die Rechnungen zu bezahlen.
Die Weichenstellung, um die vom Parlament beschlossene Aufstockung der Verteidigungsausgaben umzusetzen, erfolgte nun in der Finanzkommission des Ständerats, welche die Militärausgaben im Jahr 2025 um 530 Millionen erhöhen will. Sodann will die Finanzkommission auch das Ziel von 1% des Bruttoinlandprodukts zur Finanzierung der Armeeausgaben bereits im Jahre 2032 erreichen und nicht erst im Jahre 2035, wie es der Bundesrat plant. Der Finanzkommission ist es wichtig, dies jetzt im Voranschlag und im Finanzplan zum Ausdruck zu bringen und damit für Rechtssicherheit zu sorgen.
Um die beschleunigte Armeefinanzierung bis ins Jahr 2032 (1% BIP) sicherzustellen, hat die Finanzkommission auch eine Motion beschlossen, die den Bundesrat unter anderem beauftragt, das Armeebudget gegenüber der aktuellen Finanzplanung für die Jahre 2029 bis 2032 um 900 Millionen pro Jahr zu erhöhen.
Friedensdividende, Fähigkeitslücken und Katerstimmung
So sehr in den 1990er Jahren der Friedensrausch nach dem Ende des Kalten Kriegs von der kriegerischen Realität, auch in Europa, eingeholt wurde, so fest hielt die Politik in der Schweiz die Augen verschlossen vor den bitteren sicherheitspolitischen und militärischen Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre. Das Resultat ist eine Friedensdividende von rund 40 Milliarden und einer Schweizer Armee ohne Verteidigungsfähigkeit.
Spätestens mit der Annektion der Krim durch Russland hätte der in den Jahren zuvor so oft beschworene Aufwuchs der Schweizer Armee an die Hand genommen werden sollen. Stattdessen wurde die Ersatzbeschaffung eines Kampfflugzeugs vom Volk abgelehnt und um rund 15 Jahre in die Zukunft verschoben. Einer Zukunft, in der inzwischen mit dem Ukraine- Krieg das Undenkbare und Unerlaubte herrscht und unsere westlichen Gesellschaften und Wirtschaften in eine Katerstimmung versetzt hat, in dem Parteien und Departemente bis heute den Ernst der Lage immer noch verkennen.
Der Nachrichtendienst des Bundes hält in seinem kürzlich publizierten Bericht „Sicherheit Schweiz 2024“ fest, dass angesichts des stark polarisierten Umfelds mit Multikrisen, die simultan stattfinden, sowie mit Waffengewalt ausgetragenen Konflikten in Europa und an Europas Peripherie die Schweiz deutlich weniger sicher ist als noch vor wenigen Jahren.
Sicherheit braucht Vorsorge
Die Lage der Schweizer Armee ist höchst besorgniserregend. Sie leidet unter erheblichen Fähigkeitslücken, an Geld, um alle finanziellen Verpflichtungen planmässig und ohne Verzug zu erfüllen, und an tragfähigen finanziellen Perspektiven.
Für die Sicherheit der Schweiz, der Bevölkerung, der Wirtschaft und der Institutionen ist eine umgehende Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Armee unabdingbar; sie dient auch dem Wirtschaftsstandort Schweiz, indem sie für eine stabile Sicherheitslage sorgt und zudem Aufträge für die Schweizer Industrie mit sich bringt.
Investitionen in die Schweizer Armee, die letzte strategische Reserve unseres Landes, sind jetzt unumgänglich. Denn sollte sich die Lage in Europa weiter verschlechtern, wird es später kaum möglich sein, die notwendigen Rüstungsgüter überhaupt noch zu beschaffen.
Ein politischer Willensakt für die Sicherheit unseres Landes
Der Willensakt einer Gesellschaft und eines Landes, für seine Sicherheit zu sorgen, bis hin das eigene Land manu militari zu verteidigen, beginnt mit dem Willen, die dazu notwendigen Instrumente zur Sicherheit und Selbstbehauptung auf Dauer aufzustellen, auszurüsten, auszubilden und, den Aufgaben entsprechend, zu finanzieren. Wille und Fähigkeiten, Land und Leute zu verteidigen, gehören zur Raison d’être eines Staates.
Mit der Armeebotschaft 24 und dem Armeebudget 2025 haben es National- und Ständerat in der Hand, in dieser Wintersession ihren politischen Worten der letzten Monate endlich auch glaubwürdige Taten folgen zu lassen. Politikerinnen und Politiker haben die Gelegenheit, sich endlich von Schaukämpfen auf Kosten der Sicherheit unseres Landes zu verabschieden. Und das Parlament hat die Gelegenheit, der Schweiz wieder das Heft des Handelns in die Hände zu legen.
Olivier Savoy
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