Der Autor des nachstehenden geschichtlichen Rückblickes war von 1956-61 Vorstandsmitglied, von 1962 bis 1964 Vizepräsident und in den Jahren 1964-66 Präsident der AOG Zürich.
Von Brigadier Robert Gubler, Zürich
In Abweichung von der hierzulande sonst gewohnten Entwicklung aus lokalen zu kantonalen und gesamtschweizerischen Institutionen ist die AOG als stadtzürcherische Offiziersgesellschaft erst 30 Jahre nach der kantonalen (KOG) und 31 Jahre nach der gesamtschweizerischen Offiziersgesellschaft (SOG) entstanden. Zwar spielten Offiziere aus der Stadt Zürich bei der Gründung der Schweizerischen Offiziersgesellschaft am 24.11.1833 eine massgebende Rolle. Das aktive Mitwirken der stadtzürcherischen Offiziere in der SOG dokumentierte sich auch in der Stellung der SOG-Präsidenten für 1844/6 und für 1856/57; aber bis 1864 verfügte die SOG über keine stadtzürcherische Lokalsektion. Dies hing damit zusammen, dass sich die SOG als Zusammenschluss aller schweizerischen Offiziere als Einzelmitglieder verstand. In gleicher Weise hatte sich auch die Offiziersgesellschaft des Kantons Zürich (KOG) bei ihrer Gründung vom 23.2.1834 als eine Vereinigung von Einzelmitgliedern konzipiert; und auch in der KOG-Tätigkeit von 1834 bis 1864 waren die stadtzürcherischen Offiziere sehr aktiv mitbeteiligt (davon 16 während total 24 Amtsjahren als Präsidenten!). Als sich dann aber, vor allem im Bundesstaat nach 1848, immer mehr zeigte, dass die Stellungnahmen der SOG vorwiegend dann berücksichtigt wurden, wenn sie sich glaubhaft als dringende Anliegen des gesamtschweizerischen Offizierskorps erwiesen, strebten SOG und KOG nach einer lückenlosen Repräsentation aller Offiziere ihres Gebietes durch Sektionen. Die SOG erreichte dieses Ziel 1862; die KOG Zürich suchte vorerst vor allem eine Abstützung auf Winterthur (wo die von 1806-37 existierende OG ab 1861 definitiv reaktiviert werden konnte) und auf Zürich. In diesen Zusammenhang ist die AOG-Gründung vom 12.12.1864 einzuordnen. Den eigentlichen Anstoss dazu gab eine offenbar spontan und formlos entstandene "Commission", bestehend aus Infanterie-Oberst Hans Conrad von Escher - von Meiss (1814-1867), Artillerie-Oberstlt Heinrich Carl Pestalozzi (1825-1891) und Infanterie- (Bat-) Kommandant Johann Conrad Bürkli (1827-1893). Die Bildung dieses Gründer-Trios war trotzdem kaum zufällig. Alle drei waren nämlich sehr bekannte zürcherische Persönlichkeiten (von Escher als Sekretär der Militärdirektion des Kantons Zürich, als Waffenkdt der Zürcher Infanterie, als Präsident der Constaffel usw.; Pestalozzi, der letzte Ur- enkel von Heinrich Pestalozzi, als Ingenieur, ETH-Professor, Stadtrat und Bauvorstand, als Divisions-Artillerieparkchef usw.; Bürkli als rühriger Seiden-Kaufmann, Kantonsrat und langjähriger Kdt des zürcherischen Inf Bat 48 usw.; alle drei waren ehemalige KOG-Präsidenten (von Escher 1853/4 und 1857/8; Pestalozzi 1860/1, und Bürkli 1856/7 bzw. 1862/63); und alle drei waren zudem langjährige, besonders aktive Mitglieder der Mathematisch-Militärischen Gesellschaft in Zürich (MMG). Und gerade diese schon 100 Jahre früher (am 11.3.1765) gegründete, als elitärer Offizierszirkel gedachte und wegen der damaligen Auswahl von 30 führenden Zürcher Persönlichkeiten besonders einflussreiche Militärgesellschaft, unter dem Präsidium von Oberst Eduard Ziegler (der damals bekanntesten zürcherischen Militärpersönlichkeit), hatte bis anhin das stadtzürcherische Offizierskorps in vorzüglicher Weise repräsentiert. Als alle Offiziere umfassende Sektion von KOG und SOG kam die MMG (wegen ihrer aus traditionellem Auswahlprinzip begrenzten Mitgliederzahl) aber nicht in Frage. Mit der Gründung einer völlig neuen, allgemeinen Offiziersgesellschaft in der Stadt Zürich wurde einerseits ganz bewusst ein Gegenstück zur exklusiven MMG geschaffen und anderseits darauf verzichtet, die von 1852 bis etwa 1860 in der Stadt Zürich bestehende, nur sehr lose geordnete und eher sporadisch tätige Freiwillige Offiziersgesellschaft aller Waffen neu zu beleben. Dass die neue AOG (mit 125 Gründungsmitgliedern) ausdrücklich das Gebiet "von Zürich und Um- gebung" umfasste, war begründet durch den Wohnort vieler in der Stadt wirkender Offiziere in den damals noch selbständigen Aussen-Gemeinden Aussersihl, Enge, Fluntern, Hirslanden, Hottingen, Oberstrass, Riesbach, Unterstrass, Wiedikon, Wipkingen und Wollishofen. Nach den Eingemeindungen von 1893 und 1934 wurde dann jeweils vom AOG-Vorstand (in Absprache mit KOG und Nachbarsektionen) neu bestimmt, was als "Umgebung" der Stadt Zürich zum AOG-Gebiet gehören sollte.
In Übereinstimmung mit den Zielsetzungen der SOG und der KOG Zürich sah die AOG von Anfang an ihre erste Aufgabe in der Pflege des Verständnisses und der Kameradschaft unter den Offizieren aller Altersstufen, Grade und Waffengattungen. Es wurde richtig erkannt, dass zur Stärke einer Armee die Einigkeit des Offizierskorps und die Zusammenarbeit aller Waffen gehören. Ausgehend von der in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts weiterhin sehr ausgeprägten Vielfältigkeit des noch immer aus kantonalen Kontingenten zusammengesetzten eidg. Heeres (mit unterschiedlicher Kleidung, Ausrüstung und Bewaffnung, mit ungleicher Dienstzeit und sehr grossen Differenzen in den Anschauungen über das militärisch Notwendige und das praktisch Machbare), fiel der AOG vorerst die Aufgabe zu, eine im Wesentlichen einheitliche Grundauffassung aller Offiziere anzustreben. Später hatte die AOG in ihrer Programmgestaltung ein Gegengewicht zum aufkommenden Spezialistentum zu schaffen und ihre Veranstaltungen sollten die Gelegenheit bieten, sich über die Grenzen der Waffengattungen und der 1875 neu als bleibende Gebilde entstandenen Heereseinheiten hinweg zu kennen und zu schätzen. Und bis heute blieb es Aufgabe der AOG, immer und überall zu verhindern, dass die Farbe der Kragenspiegel auf die Köpfe abfärbt! Es gilt somit, sowohl vereint zu marschieren, als auch vereint zu schlagen! Als besonderes Anliegen des Zusammenwirkens aller Offiziere wurde seit der AOG-Gründung auch die Schaffung und dauernde Erhaltung eines harmonischen Verhältnisses zwischen den Miliz- und den Berufs-Offizieren betrachtet. Die gegenseitige vertrauensvolle Zusammenarbeit innerhalb der ganzen Gesellschaft und ihrer Organe, ganz besonders auch im AOG-Vorstand, war und ist keine Selbstverständlichkeit! Die Veranstaltung von vorwiegend zur Pflege der Kameradschaft geeigneten Anlässen, wie sie in den ersten AOG-Jahren (bis etwa 1885) die Jahresschlussessen darstellten, wurde wegen der rasch ansteigenden Mitgliederzahlen immer problematischer. Lediglich die Institution der AOG-Gesellschaftsabende oder AOG-Bälle hat sich, mit sehr unterschiedlichen Durchführungszeitpunkten und schwankenden Teilnehmerzahlen, bis heute erhalten. Im Sinne einer aus der Kameradschaft herauswachsenden Pflicht zu gegenseitiger Hilfeleistung schuf die AOG 1936 unter dem Eindruck der herrschenden Wirtschaftskrise eine Hilfskommission, deren Aufgabe in der Stellenvermittlung für Offiziere und allfälliger Zusprechung bescheidener Unterhaltsbeiträge bestand. Trotz sehr limitierter Mittel konnte in den folgenden Jahren und bis in die Nachkriegszeit viel wertvolle Hilfe geleistet werden. Die nachher völlig veränderte allgemeine Wirtschaftslage führte 1982 zur Auflösung der inaktiv gewordenen Hilfskommission. Mit dem stetigen Grösserwerden der AOG erforderte die Pflege des Zusammenhaltes auch die Schaffung eines eigenen Kontaktorgans in der Form der seit 1932 periodisch erscheinenden, gedruckten "AOG-Mitteilungen". Die in Aufmachung und Inhalt den wechselnden Anschauungen und Gegebenheiten immer wieder angepassten Hefte ergeben gesamthaft eine zwar nüchterne, aber sehr aussagekräftige AOG-Chronik.
Seit ihrer Gründung hat sich die AOG sodann vordringlich die ausserdienstliche Weiterbildung der Offiziere als besonderes Ziel gesetzt. Dabei ging es aber nie um eine systematische militärische Schulung, sondern um das Vermitteln von Anregungen zu eigenem Nachdenken, zu persönlichem Arbeiten und zur Weitergabe in der militärisch so unterschiedlichen Stellung der in der AOG vereinigten Offiziere. Im Zentrum der Veranstaltungen standen von Anfang an eindeutig die regelmässigen Vorträge (im Winterhalbjahr meist alle 14 Tage, später monatlich; im Sommer nach Bedarf und aktuellen Erfordernissen). Eine umfassende Referentenliste würde weit über tausend klangvolle Namen von schweizerischen und ausländischen Persönlichkeiten (vorwiegend Militärs) enthalten. Geboten wurden den Generationen zürcherischer Offiziere Militärgeographie, Kriegsgeschichte, ausländische Kriegserfahrungen, Ausrüstungs- und Bewaffnungsfragen, Waffen- und Schiesslehre, Organisations-, Erziehungs-, Ausbildungs-, Führungs- und Einsatzprobleme bei uns und anderswo, kleine Taktik und grosse Strategie. Eine Durchsicht der ausserordentlich vielfältigen Themenliste ergibt denn auch schlaglichtartig die ganze Entwicklungsgeschichte unseres Wehrwesens während der letzten 125 Jahre und einen beeindruckenden Überblick über die allgemeinen Wandlungen der ausländischen Militärpotentiale und deren Einsatz in den kriegerischen Auseinandersetzungen während des gleichen Zeitraumes. Die Vorträge fanden immer wieder eine willkommene Auswertung in den anschliessenden Diskussionen (anfänglich wurde zu jedem Vortrag ein Korreferent zur Eröffnung einer allgemeinen Diskussion bezeichnet); später wurden eigentliche Podiumsgespräche organisiert und stets bot das ab- schliessende Beisammensein in kleinerem Kreise Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen über das Gehörte. Als wertvolle Ergänzung der Vorträge wurden von der AOG immer wieder Vorführungen von Waffen und Geräten ("Vom ersten Hinterladergewehr bis zum Mirage III S"!) organisiert und Besichtigungen (von Rüstungsbetrieben, Waffen- und Schiessplätzen, Schulen und Kursen der verschiedenen Waffengattungen, sowie Manöverübungen aller Art usw.) veranstaltet. Als in der Armee die taktischen Of-Kurse noch nicht in heutigem Ausmass institutionalisiert waren, wurde 1870 an einem verlängerten Wochenende ein dreitägiger, taktischer "Übungsausmarsch" in den Raum des Zürcher Weinlandes abgehalten, dem später immer wieder ganze Zyklen von taktischen Übungen (im Winter im Vortragssaal oder in der Kaserne, im Sommer im Gelände) folgten; und in den Zwanzigerjahren unseres Jahrhunderts erreichten die Kriegsspielübungen (an Karten oder dem damals besonders angefertigten Geländerelief) sehr gute Teilnehmerzahlen und auch 1950 und 1964 hatten Kriegsspielübungen einen solchen Erfolg. Bei der Einführung neuer Waffen und Geräte in der Armee und beim Erkennen besonderer Ausbildungslücken suchte die AOG durch Kurse (anfänglich am Sonntag, dann am Samstag und an Wochentagsabenden) die Ausbildungsbemühungen der Armee zu ergänzen. So gab es einerseits Kurse in der Waffenhandhabung (z.B. 1868 am Vetterligewehr, 1902 am Maxim-Mg, 1925 am Lmg, 1951 am Rak Rohr, 1952 am Mg 51 und 1959 am Sturmgewehr usw.) und anderseits auf den vielfältigsten Gebieten weiterer militärischer Ausbildung (z.B. 1888 im Krokieren, zwischen 1932 und 1947 verschiedentlich im Kartenlesen, 1936 im Gasschutzdienst, 1937 im Morsen und Signaldienst, 1941/42 im Nahkampf, von 1949 bis 1953 mehrere 30-stündige Kurse "für Anfänger und Fortgeschrittene" im praktischen MWD, 1957/58 und später in Kameradenhilfe, 1962 und auch später wieder in der Funkführung usw.). Dabei sind aus dem 1952 erstmals durch- geführten "Kurs für Methodik in der Gefechtsausbildung" (und späteren Kursen für Befehlstechnik und allg. Ausbildungsmethodik) bleibende Führungs- und Ausbildungshilfen in Form der von Instr Of der AOG bis heute immer wieder überarbeiteten und neu aufgelegten "Behelfe für die militärische Ausbildung" hervorgegangen. Solche praktische Hilfe aus der AOG-Tätigkeit für die eigenen Militärdienstleistungen wurde vor allem von den jüngeren Offizieren sehr geschätzt. So bildeten schon im Dezember 1871 jüngere Sub Of innerhalb der AOG einen "Verein zu gegenseitiger Ausbildung der Inf Of", der sich während einigen Jahren durch fleissige, praktische Tätigkeit (Instruktion im Wachtdienst, Schiesslehre, Felddienst, Elementar-Taktik usw.) auszeichnete. In gleicher Richtung lagen die späteren Zugführerabende (1955-60), die Ausspracheabende für Einheitskdt (1957/58), oder das heutige "Forum AOG" (seit 1968) und letztlich wohl auch die Turnstunden (seit Ende des Ersten Weltkrieges) oder wöchentlichen Konditionstrainings, die zeitweilig veranstalteten Skikurse (1909, 1932/3/5), die praktischen Waffenübungen (Fechten, Pistolen- schiessen, Reiten, in Untersektionen oder später verselbständigten Gesellschaften) und die Teilnahme an den von der AOG selbst organisierten wehrsportlichen Anlässen (1939 und 1943) und einem Nachtorientierungslauf (1951). Eine ebenfalls vorwiegend auf die praktische Anwendung ausgerichtete ausserdienstliche Weiterbildung wurde in den immer wieder für kürzere oder längere Zeit innerhalb der AOG bestehenden Waffensektionen und Untergruppen (für Inf, Art, Rdf, Motf Of, Mun D, Qm und Vpf Of usw.) gepflegt. Hie und da wurde bedauert, dass vom so reichhaltigen Veranstaltungsangebot jeweils meist nur ein relativ kleiner Teil der angesprochenen Mitglieder Gebrauch machte. Der 1876 unternommene Versuch mit einer obligatorischen ausserdienstlichen Tätigkeit aller Offiziere im auf Weisung des ersten Kdt der 6. Division neu gegründeten "Offiziers-Verein der VI. Armeedivision" (mit obligatorischer Mitgliedschaft aller eingeteilten Offiziere, durch den Div Kdt befohlenem Tätigkeitsprogramm und unter Eingliederung der AOG, der OG Winterthur, der KOG Zürich und Schaffhausen sowie aller Spezialwaffen-OG des Div Raumes) scheiterte bereits wenige Jahre später (praktisch ab 1879, formell durch die Auflösung des obligatorischen Of Vereins vom 16.11.1884) am eigentlich fehlenden Weisungs- und Sanktionsrecht des Divisionskommandos. Aus diesen Erfahrungen gingen die AOG und die anderen freiwilligen Offiziersgesellschaften gestärkt hervor und wuchs zudem die immer allgemeiner eingesehene Erkenntnis, dass selbst das Vorhandensein von "Passivmitgliedern" nicht verhindert, dass aus dem harmonischen Zusammenwirken der obligatorischen Armee und der freiwilligen Offiziersgesellschaften für unser Wehrwesen immer wieder reicher Gewinn entsteht! Trotzdem muss es natürlich stets das Anliegen der AOG-Organe sein, nicht nur alle stadtzürcherischen Offiziere als Mitglieder zu gewinnen, sondern zudem möglichst viele AOG-Mitglieder zu aktiver ausserdienstlicher Tätigkeit im Rahmen der Offiziersgesellschaft zu begeistern; dies im Sinne eines Ausspruches des mit der AOG sehr verbundenen Oberstdiv Edgar Schumacher: "Der Milizoffizier hat das Vorrecht, aus freiem Willen ein Mehrfaches dessen zu leisten, was allenfalls Zwang von ihm fordern könnte." Trotz der Wichtigkeit der Pflege des Zusammenhaltes und der Kameradschaft unter den stadtzürcherischen Offizieren und trotz der Bedeutung der theoretischen und praktischen Weiterbildung der Offiziere der AOG wurden diese beiden Zielsetzungen aber nie als das Eigentliche gewertet, sondern mehr als Voraussetzung zur Erfüllung des obersten Gesellschaftszweckes, der höchstmöglichen Förderung des schweizerischen Wehrwesens, betrachtet. Damit wollten der einzelne Offizier und die AOG als Ganzes stets ihren dauernden Beitrag leisten zur Erschaffung, Erhaltung und Weiterentwicklung einer auf der Basis eines intakten Wehrwillens und einer effektiven Abwehrfähigkeit wirklich kriegstauglichen Armee. Das Hauptziel der AOG war damit über alle Jahre hinweg das gleiche. Als Mittel wurden stets nicht nur die von eigenen Organen sorgfältig vorbereiteten, konkreten Eingaben an militärische Behörden und direkten öffentlichen Stellungnahmen eingesetzt, sondern auch die ganze Gestaltung des jeweiligen Tätigkeitsprogrammes, vor allem die Auswahl der Vortragsthemen und der Referentenpersönlichkeiten, betrachtet. So wurde in der geistigen Auseinandersetzung mit den grundsätzlichen und den jeweils besonders aktuellen Problemen unserer Landesverteidigung das Vortragspult der AOG immer wieder von vielen massgebenden Vorkämpfern einer wirklich kriegstauglichen schweizerischen Armee benutzt zur Darlegung ihrer Einsichten und Forderungen, die solcherart nicht nur die anwesenden Offiziere, sondern (dank eingehender, vielbeachteter Presseberichterstattung) auch noch eine erheblich grössere Öffentlichkeit erreichten. Die Akzente der notwendigen Tätigkeit verschoben sich natürlich je nach den Gegebenheiten der unterschiedlichen Zeitläufe. So dominierten in den ersten 25 Jahren der AOG das Bemühen um die gesamtschweizerische Überwindung eines deplazierten «Kantönligeistes» im Militärwesen und das Streben nach einer einheitlicheren Eidg. Armee. In den zweiten 25 Jahren stellte sich die AOG ganz in den Dienst des Kampfes um eine innere Neuorientierung unseres Wehrwesens und unterstützte in entschiedener Weise die von Ulrich Wille (dem späteren General) geforderte Abkehr von der herrschenden "Bürgergarden-Mentalität" zu Gunsten einer Ausrichtung der Erziehung und Ausbildung und des ganzen Wehrwesens auf den Ernst des Krieges und seiner Anforderungen. Die von Wille inspirierten und von der AOG unter eigenem Namen 1904 veröffentlichten Thesen zur Reform unserer Wehrverfassung sind ein Beispiel für das wehrpolitische Engagement der AOG in dieser Zeit. Nach der Zäsur des Ersten Weltkrieges widmete sich die AOG in der Zwischenkriegszeit dem entschiedenen Kampf gegen den pazifistischen Antimilitarismus und für den immer dringlicher werdenden, umfassenden Ausbau der jahrelang vernachlässigten Landesverteidigung. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es der AOG vordringlich um eine zur Erhaltung reeller Abwehrchancen unserer Armee unbedingt erforderliche Armeereform mit massiver Steigerung der Feuerkraft und Beweglichkeit. Auch das Jubiläum des hundertjährigen Bestehens der AOG 1964 war weniger Anlass zur Selbstdarstellung als vielmehr Anstoss zur Herausgabe einer programmatischen Studie über "Unsere Armee an der Schwelle der Zukunft" mit klaren Forderungen zum Weiterausbau unseres gesamten Wehrwesens. Aus der gleichen Grundhaltung ergab sich dann auch in den letzten 25 Jahren die konsequente Weiterführung des AOG-Einsatzes für eine stets schlagkräftige Armee, wobei das Schwergewicht, unbeirrt durch die zeitweilig (1968 und 1981) überbordenden linkslastigen Jugendunruhen mit ihren unsinnigen gewalttätigen Demonstrationen gegen unsere Staats- und Gesellschaftsordnung und ihre tragenden Institutionen, auf dem laufenden Ausbau unserer Armee im Rahmen einer stärker betonten, umfassenden Gesamtverteidigung lag.
Wenn die AOG sich solcherart in den über 125 Jahren ihres Bestehens gewissermassen als eine stets aktive Hüterin des schweizerischen Wehrgedankens institutionalisiert hat, so war das nur möglich, weil sie zu allen Zeiten durch einsatzfreudige Mitglieder, einen voll der Sache verpflichteten Vorstand und verantwortungsvolle, umsichtige Präsidenten getragen wurde. Es spricht für die überzeugte Einstellung und energische Tatkraft des stadtzürcherischen Offizierskorps, dass es nie Mühe bereitet hat, die für die Übernahme des Präsidentenamtes geeigneten Persönlichkeiten zu finden. Dazu hat allerdings wohl auch die zeitliche Überschaubarkeit der Präsidialbelastung, wegen der statutarisch als Regel aufgestellten kurzen Amtsdauer (ursprünglich ein Jahr, seit 1948 zwei Jahre) wesentlich beigetragen. Die somit in 125 Jahren entstandene umfangreiche Präsidentenliste umfasst mit den 95 bisherigen AOG-Präsidenten eine beeindruckende Auswahl von zu ihrer Zeit jeweils führenden Persönlichkeiten aus dem stadtzürcherischen Offizierskorps. Von den 95 AOG-Präsidenten waren 55 Infanteristen, 20 Artilleristen, 11 Genieoffiziere, 3 Angehörige der Verpflegungstruppen, 2 der MLT (Kav und Rdf), 2 der Sanität, 1 der Flab und 1 des Trains. Zwei Drittel der Präsidenten waren in ihrer Amtszeit Major, doch 54 ehemalige Präsidenten erreichten den Grad eines Obersten (12 davon mit der Funktion eines Inf- oder Art-Brigadekdt), 3 wurden Brigadier, 2 Divisionär (Meister und A. Schweizer) und 2 Korpskdt (Weber und Steinbuch). Neben 7 Berufsof wirkten 88 Miliz- of, die durchwegs während und vor allem nach ihrer Präsidialzeit in der zürcherischen Wirtschaft und Gesellschaft leitende Stellungen bekleideten und auch im politischen Bereich mehrere Stadt-, Regierungs-, National- und Ständeräte sowie zwei Mitglieder des Bundesrates (A. Meyer und F. Honegger) stellten. Vor allem über die Präsidenten (von denen 20 vor- oder nachher auch die KOG Zürich und einer die KOG Schaffhausen präsidierten), aber auch über den Vorstand, die Delegierten und in weitesten Bereichen über die vielen aktiven Mitglieder der AOG (zu denen seit 1956 auch weibliche Angehörige der Armee im Offiziersrang gehören), liefen in beiden Richtungen die stets engen Kontakte zur KOG Zürich und zur SOG, zu den militärischen Amts- und Kdo-Stellen, den politischen Behörden, zur interessierten Öffentlichkeit und zudem, dank der "Personalunion zwischen AOG-Mitglied und Armee-Offizier", in mannigfaltigster Weise eben auch direkt zur Armee selbst, deren Kampfwille und Kampffähigkeit der ganze AOG-Einsatz letztlich zu allen Zeiten ja gewidmet war und auch in Zukunft sein wird!